Erbengemeinschaft – was Sie als Miterbe jetzt wissen sollten
Selten wird eine Immobilie nur an eine Person vererbt, sondern es werden häufig mehrere Erben und Erbinnen beteiligt. Diese bilden dann eine sogenannte Erbengemeinschaft. Was genau das bedeutet, welche Schwierigkeiten das mit sich bringen kann und was für Möglichkeiten Sie haben erfahren Sie im folgendem Beitrag.
Was ist eine Erbengemeinschaft?
In den wenigsten Erbfällen fällt einem Alleinerben der Nachlass eines Verstorbenen zu, oft kommt eine sogenannte Erbengemeinschaft zustande. Das bedeutet, einer Gruppe von Personen, häufig Familienmitgliedern, wird gemeinschaftlich der Nachlass eines Verstorbenen zugesprochen. Eine Erbengemeinschaft ist also kein freiwilliger Zusammenschluss verschiedener Erben, sondern gesetzlich geregelt.
Die einzelnen Mitglieder einer Erbengemeinschaft werden als “Miterben” bezeichnet. Das Erbe gehört keinem der Miterben allein, sondern der Gemeinschaft. Somit kann auch keiner der Miterben allein über das geerbte Vermögen bzw. die geerbten Vermögensgegenstände wie Immobilien verfügen. Genau das ist die Besonderheit der Erbengemeinschaft: es wird gemeinsam über den Nachlass verfügt.
Welche Rechte hat eine Erbengemeinschaft?
Ein Erbe bzw. Miterbe übernimmt nicht einfach nur den Nachlass des Verstorbenen – er geht damit auch eine Rechtsnachfolge ein. Man nimmt in vielerlei Hinsicht den rechtlichen Platz des Verstorbenen ein, sei es als Vertragspartner oder als Besitzer. Man übernimmt nicht nur Vermögen oder Vermögensgegenstände, sondern unter Umständen auch Schulden und Verpflichtungen. Natürlich gehen mit der Rolle als Erbe nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte einher.
Ausschlagen des Erbes
Jedem Erben bzw. Miterben steht die Möglichkeit offen, das Erbe abzulehnen. Dafür gilt eine Frist von sechs Wochen, ab Bekanntwerden des Erbenstatus. Wer ein Erbe ausschlägt, der tritt nicht die Rechtsnachfolge des Erblassers an, erhält aber somit auch nicht die Verfügung über den Nachlass. Das Ausschlagen eines Erbes sollte also wohl überlegt sein. Dieser Schritt ist beispielsweise sinnvoll, wenn der Erblasser verschuldet war, denn auch Schulden können vererbt werden. Wer in einem solchen Fall das Erbe nicht rechtzeitig ausschlägt, der wird automatisch haftbar für die Schulden und steht somit der Pflicht diese auch zu begleichen.
Gemeinschaftliche Nutzung oder Verkauf der Vermögensgegenstände
Zählen Vermögensgegenstände zum gemeinsamen Nachlass der Erbengemeinschaft, so hat jeder Miterbe das Recht diese auch zu nutzen. Niemandem steht die alleinige Nutzung oder gar die alleinige Bestimmung über die Nutzung dieser Gegenstände zu. Es muss zuvor mit den anderen Mitgliedern der Erbengemeinschaft eine Nutzungsvereinbarung getroffen werden.
Eine Immobilie ist ein solcher Vermögensgegenstand. Möchte einer der Erben die Immobilie bewohnen, so regelt eine Nutzungsvereinbarung die Entschädigung der anderen Miterben. Dies kann unter anderem die Zahlung einer ortsüblichen Miete sein. Natürlich steht Ihnen auch der gemeinschaftliche Verkauf der geerbten Vermögensgegenstände offen. Für diesen Schritt müssen sich jedoch alle Miterben über den Verkauf einig sein.
Verkauf eines Erbanteils
Der Verkauf des gemeinsamen Erbes, beispielsweise einer Immobilie, muss von allen Miterben einstimmig beschlossen werden. Dennoch steht es jedem Erben frei, seinen Erbteil an Dritte oder an einen Miterben zu verkaufen. Die Miterben haben stets ein Vorkaufsrecht, aber keinen Preisvorteil. Das Vorkaufsrecht muss innerhalb von zwei Monaten ausgeübt werden. Der Kaufpreis und die Konditionen dürfen sich nicht zwischen Dritten und Miterben unterscheiden.
Was gehört zu den Aufgaben einer Erbengemeinschaft?
Die grundlegende Aufgabe einer Erbengemeinschaft ist die Verwaltung und Verteilung des Nachlasses. Erst wenn der Nachlass vollständig verteilt ist, löst sich die Erbengemeinschaft auf. Bis dahin muss die Erbengemeinschaft einigen Pflichten nachkommen.
Auskunft gegenüber den Miterben
In den meisten Fällen sind nicht alle Erben gleichermaßen informiert, was den Erblasser und seine persönlichen und finanziellen Umstände angeht. Da jedem Erben die Möglichkeit einer Erbausschlagung offen steht, sollten Sie sich gemeinsam einen Überblick verschaffen und sich gegenseitig in Kenntnis setzen. Nur so kann jeder eine faire und vorteilhafte Entscheidung treffen. Das Verschweigen oder Zurückhalten von Informationen kann sich nicht nur negativ auf die Stimmung innerhalb der Erbengemeinschaft auswirken, sondern ist auch strafbar, wenn beispielsweise ein Vorteil daraus gezogen wird. Das Recht auf Auskunft steht auch den Pflichtteilsberechtigten zu.
Auszahlungen und Nachlassverbindlichkeiten regeln
Die Mitglieder einer Erbengemeinschaft haben das Recht ihren Anteil am Reinertrag des gemeinsamen Nachlasses zu erhalten. Das bedeutet im Falle einer gemeinsamen Vermietung einer Immobilie die Auszahlung der Mietanteile. Aber auch Dritte haben unter Umständen Ansprüche auf Zahlungen, beispielsweise wenn Zahlungsverpflichtungen eines Erblassers übernommen werden. Den Zahlungsverkehr hat die Erbengemeinschaft zuverlässig und gemeinschaftlich zu übernehmen. Zur Verwaltung des Nachlasses zählt auch das Management weiterer Verbindlichkeiten. Dazu zählen beispielsweise bestehende Verträge des Erblassers, welche Sie kündigen sollten, wenn diese nun nicht mehr vonnöten sind (Zeitabonnements, Versicherungen, Mietverträge, usw.). Auch die Instandhaltung von Vermögensgegenständen des Erblassers, wie beispielsweise einer Immobilie, gehört nun zu Ihren Pflichten. Die Nachlassverwaltung kann auch an einen Testamentsvollstrecker übertragen werden.
Zahlen der Erbschaftssteuer
Die Erbschaftssteuer wird nicht gemeinschaftlich, sondern individuell entrichtet, da sie von individuellen Faktoren wie dem Familienstand und dem Einkommensteuersatz abhängt. Dennoch möchten wir sie bei den Pflichten der Erben nicht unerwähnt lassen. In unserem Blogbeitrag rund um das Erbe einer Immobilie gehen wir gesondert und detaillierter auf die Erbschaftssteuer ein, so können Sie sich ein Bild von der zu erwartenden Steuerlast machen.
Die Auskunftspflicht bezieht sich außerdem auf Zuwendungen des Erblassers vor seinem Tod an einen oder mehrere Miterben. Diese sogenannten Vorausempfänge sind steuerlich und erbanteilig relevant und müssen gegenüber dem Testamentsvollstrecker oder den Miterben offen gelegt werden.
Immobilie als Erbengemeinschaft geerbt – was nun?
Die Hauptaufgabe einer Erbengemeinschaft ist die Verteilung des Nachlasses. Für geerbtes Vermögen in Form von Geld mag eine Aufteilung einfach sein, ein Haus lässt sich allerdings schwer zerteilen. Da in einer Erbengemeinschaft kein Miterbe allein über die Immobilie verfügen kann, muss gemeinsam entschieden werden, wie mit der Immobilie umgegangen werden soll. Jedes Mitglied der Erbengemeinschaft verbindet andere Erinnerungen mit der geerbten Immobilie und hat seine eigenen Wünsche, den Erbanteil betreffend. Das Konfliktpotential ist hoch. Deshalb raten wir Ihnen, sich zunächst auf die obligatorischen Schritte zu konzentrieren, bevor Sie das weitere Vorgehen diskutieren und verhandeln.
Informationen zur Immobilie suchen
Um eine fundierte Entscheidung für die Annahme oder das Ausschlagen des Erbes fällen zu können, sollten Sie sich über mögliche Hypotheken/ Schulden die Immobilie betreffen informieren. Sichten Sie den Kaufvertrag und beantragen Sie Einsicht in das Grundbuch und weitere Kreditverträge. Wichtig ist: Nur weil eine Immobilie belastet ist, bedeutet das nicht, dass das Erbe ausgeschlagen werden muss. Ist die Belastung vergleichsweise gering, könnte die Annahme trotzdem lohnenswert sein. Das hängt vom Zustand der Immobilie ab, dieser ist maßgeblich für den Wert der Immobilie.
Immobilie bewerten lassen
Lassen Sie Ihre Immobilie bewerten. Eine Wertermittlung gibt Ihnen zum einen Aufschluss darüber, ob die Annahme des Erbes lohnenswert ist und bildet auch die Grundlage für spätere Schritte. Ob Verkauf, Vermietung oder Auszahlung – für alle Möglichkeiten, die Ihre gemeinsame Erbimmobilie betreffen, ist die Kenntnis eines zuverlässigen Veräußerungspreises unerlässlich. Bei der Immobilienbewertung sollten Sie einem regionalen Immobilienmakler vertrauen, dieser besitzt die nötigen Marktkenntnisse, um eine realistische Bewertung vorzunehmen.
Grundbucheintrag ändern
Ist das Erbe angenommen, sollten Sie sich als Erbengemeinschaft ins Grundbuch eintragen lassen. Somit wird auch für Dritte festgehalten, dass die Immobilie rechtmäßig auf die Erbengemeinschaft übergegangen ist. Dazu muss beim Grundbuchamt durch die Erbengemeinschaft, als Eigentümer, ein Antrag zur Änderung eingereicht werden. Dazu müssen sie den Erbschein vorlegen. Zuständig ist dafür das Grundbuchamt, in dessen Zuständigkeitsbereich das Grundstück registriert ist. Dieser Schritt ist unerlässlich für einen späteren Verkauf oder die gemeinsame Vermietung. Ohne einen korrigierten Grundbucheintrag, können Sie nicht nachweisen, dass die Immobilie tatsächlich Ihnen gehört.
Ihre Möglichkeiten zum gemeinsamen Umgang mit der Erbimmobilie
Nun ist es an der Zeit, den Nachlass aufzuteilen, damit sich die Erbengemeinschaft auflösen kann. Als Teil einer Erbengemeinschaft sollte Ihnen eines bewusst sein: jede Entscheidung zum Umgang mit der Immobilie muss gemeinsam und einstimmig getroffen werden. Folgende Möglichkeiten stehen Ihnen dabei offen.
Auszahlung von Miterben
Werden mit der gemeinsamen Immobilie viele liebevolle Erinnerungen verbunden, so ist es schwer sich von ihr zu trennen. Entspricht die Immobilie Ihren Bedürfnissen und hat eine für Sie attraktive Lage spricht wenig gegen die Eigennutzung. Diese Entscheidung ist allerdings nicht allein Ihre. Eine professionelle Wertermittlung beziffert den Wert der Anteile, informieren Sie sich also vorab bei Ihrer Bank, ob eine Auszahlung Ihrer Miterben von Ihren finanziellen Möglichkeiten gedeckt werden kann. Natürlich können auch Sie sich von einem Ihrer Miterben auszahlen lassen.
Verkauf der geerbten Immobilie
Einer der häufigsten Entscheidungen von Erbengemeinschaften ist der Verkauf der gemeinsamen Immobilie. Denn diese Möglichkeit ist die einfachste von allen. Der Erlös kann deutlich gerechter und leichter aufgeteilt werden, als die Immobilie selbst. So fühlt sich niemand benachteiligt. Danach steht jedem Miterben die freie Verfügung über seinen Erbanteil offen. Außerdem geht die Erbengemeinschaft keine weiteren, andauernden Verpflichtungen (wie zum Beispiel die Rolle als Vermieter) mit dem Verkauf ein.
Sie sollten allerdings die steuerrechtlichen Aspekte, die mit einem Verkauf einhergehen, beachten. In unserem Blogbeitrag zur Spekulationssteuer informieren wir Sie umfassend zum Thema, damit es für Sie keine unerwarteten Kosten gibt.
Vermietung der geerbten Immobilie
Möglicherweise plant einer der Miterben die Immobilie später selbst zu beziehen und die anderen Mitglieder der Erbengemeinschaft auszuzahlen. Oder die Immobilie ist eine Kapitalanlage und wurde durch den Erblasser bereits vermietet. Es gibt einige Gründe, die für eine Vermietung als Erbengemeinschaft spricht. Die Pflichten, die mit der Vermietung einhergehen und Aufwände verursachen, können bequem aufgeteilt werden.
Einige Immobilienarten eignen sich für ein profitable Vermietung besser als andere. Bei Einfamilienhäusern ist die Vermietung meist weniger ratsam, da die Instandhaltungs- und Verwaltungskosten nicht gänzlich auf die Mieter umgelegt werden können. Die Eigenkapitalrendite ist an dieser Stelle selten mit den zugehörigen Aufwänden abzudecken. Das wird nicht besser, wenn diese Rendite unter den Mitgliedern einer Erbengemeinschaft aufgeteilt wird. Natürlich gibt es auch Dienstleister, die die Hausverwaltung für Sie übernehmen, aber auch das ist wieder ein Kostenpunkt, bei dem fraglich ist, ob er sich durch die Mieteinnahmen rentieren wird. Bei Mehrfamilienhäusern ist die Lage natürlich eine andere.
Streitigkeiten in der Erbengemeinschaft
it dem Erbe verbindet jeder eigene Wünsche und Vorstellungen. Dazu kommt die emotionale Belastung durch den Tod des Erblassers. Das Konfliktpotential in einer Erbengemeinschaft ist also hoch. Dabei wollte der Erblasser allen mit dem Hinterlassen seines Vermögens eine Freude bereiten. Innerhalb von Familien ist das Bewahren eines kühlen Kopfes oftmals schwer. Scheuen Sie sich deshalb nicht zur Klärung des Nachlassverfahrens eine neutrale, vermittelnde Instanz hinzu zu ziehen. Ein Sachverständiger oder Immobilienmakler kann Sie unparteiisch und unverbindlich über Ihre Möglichkeiten informieren und Ihnen als Berater zur Seite stehen.
Ist die Lage allerdings so verhärtet, dass kein Vorankommen mehr in Aussicht ist, ist es in letzter Instanz möglich, beim Amtsgericht eine Teilungsversteigerung zu beantragen. Dabei schätzt ein Sachverständiger den Wert der Immobilie, welche in einem öffentlichen Verfahren zwangsversteigert wird. Diese Variante sollte jedoch nur der allerletzte Ausweg sein. Zum einen verlieren Sie hier viel Geld, weil die Versteigerungspreise in der Regel deutlich unter dem Wert der Immobilie liegen. Zum anderen wirkt sich soetwas natürlich auch negativ auf die persönliche Beziehung zu den Miterben aus.
Fazit zum Thema Erbengemeinschaft
Wer sich umfassend zur Erbengemeinschaft informiert und ehrlich mit den Miterben umgeht, der findet meist auch eine faire Lösung zur Handhabung mit der gemeinsamen Immobilie. Unser exklusiver Ratgeber Immobilie im Erbschaftsfall und unser Blogpost zum Immobilienerbe unterstützt Sie bei allen weiteren aufkommenden Fragen.
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