Paar betrachtet Dokumente am Laptop auf dem Sofa und schauen besorgt.

Wenn Liebe und Eigentum sich trennen: Was passiert mit der gemeinsamen Immobilie bei Trennung oder Scheidung?

Für viele Paare ist der Kauf einer Immobilie ein großer gemeinsamer Schritt, der oft mit langfristigen Plänen, finanzieller Belastung und einem Gefühl von Sicherheit verbunden ist. Doch wenn es zur Trennung oder Scheidung kommt, wird die ehemals gemeinsame Immobilie häufig zum Streitpunkt. Wer darf bleiben? Was passiert mit dem Kredit bei Scheidungsimmobilien? Und wie kann man Konflikte vermeiden? Als Rechtsanwalt für Familienrecht gibt Gastautor Niklas Clamann Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Regelungen rund um die Immobilie bei einer Trennung.

Wer darf nach der Trennung in Scheidungsimmobilien wohnen bleiben?

Nach einer Trennung stellt sich häufig die Frage, wer in der gemeinsamen Immobilie bleiben darf. Dies insbesondere, wenn beide Ehegatten als Eigentümer im Grundbuch eingetragen sind. Grundsätzlich haben bis zur rechtskräftigen Scheidung beide Ehepartner das Recht, die Immobilie weiterhin zu bewohnen, unabhängig von den Eigentumsverhältnissen. Selbst wenn nur ein Ehegatte als Alleineigentümer eingetragen ist, handelt es sich bei der Immobilie in der Regel um die sogenannte Ehewohnung. Diese steht unter einem besonderen gesetzlichen Schutz.

Ein Ehegatte kann also nicht einfach den anderen zum Auszug zwingen. Die Wohnsituation bleibt – zumindest vorläufig – bestehen. Erst nach der Scheidung kann sich das ändern, denn dann ist die Immobilie nicht mehr als Ehewohnung geschützt und die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse werden relevant. Die Ehegatten müssen nach einer Trennung also entweder die Immobilie weiterhin gemeinsam bewohnen und gegebenenfalls eigene Räume beziehen oder sich darauf einigen, wer von beiden auszieht.

Allerdings besteht auch die Möglichkeit, beim Familiengericht eine Wohnungszuweisung zu beantragen. Eine solche gerichtliche Entscheidung erfolgt nur dann, wenn ein Härtefall vorliegt, etwa bei häuslicher Gewalt oder unzumutbaren Konflikten. Wird dem Antrag stattgegeben, darf der andere Ehegatte die Wohnung nicht weiter nutzen und muss ausziehen. Dies gilt auch dann, wenn er Miteigentümer der Immobilie ist. In diesen Fällen kann dem ausgezogenen Ehepartner eine Nutzungsentschädigung zustehen, da der andere ja weiterhin sein Eigentum bewohnt.

Scheidungsimmobilien: Was passiert mit dem gemeinsam aufgenommenen Kredit?

In der Praxis wird der Erwerb einer Immobilie selten allein aus Eigenkapital finanziert. Häufig nehmen die Ehepartner gemeinsam ein Immobiliendarlehen auf, um das Haus oder die Wohnung zu finanzieren. Die Trennung oder spätere Scheidung hat keine Auswirkungen auf die gegenüber der Bank bestehenden vertraglichen Verpflichtungen.

Wurde der Kreditvertrag von beiden Ehegatten unterschrieben, haften sie als sogenannte Gesamtschuldner. Das bedeutet, dass die Bank die fälligen Raten von jedem Ehegatten einfordern kann, und zwar unabhängig davon, wer weiterhin in der Immobilie wohnt oder wer Eigentümer der Immobilie ist. Der Ehegatte, der die Rate gegenüber der Bank allein zahlt, kann intern vom anderen Ausgleich verlangen.

Eine Befreiung eines Ehegatten aus dem Kreditvertrag ist nur mit Zustimmung der Bank möglich. Diese wird in der Regel nur erteilt, wenn der verbleibende Ehegatte über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, um die Zahlungen allein zu tragen. Alternativ kann der Kredit gekündigt und vorzeitig abgelöst werden, was jedoch häufig mit einer Vorfälligkeitsentschädigung verbunden ist.

In der Praxis einigen sich viele Ehepaare bei Scheidungsimmobilien darauf, dass derjenige, der in der Immobilie verbleibt, den Kredit allein übernimmt. Im Gegenzug verzichtet derjenige, der aus der Immobilie auszieht, auf die Zahlung einer Nutzungsentschädigung. Solche individuellen Vereinbarungen können für beide Seiten von Vorteil sein, vorausgesetzt, sie werden klar geregelt und rechtlich abgesichert.

Wie wird die Immobilie nach der Scheidung aufgeteilt?

Auch mit Rechtskraft der Scheidung ändern sich die Eigentumsverhältnisse an der Immobilie nicht automatisch. Maßgeblich für die Eigentumsverhältnisse ist weiterhin, wer als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Ist die Scheidungsimmobilie gemeinsames Eigentum, bleibt sie es auch nach der Scheidung. Ist nur ein Ehegatte eingetragen, bleibt er alleiniger Eigentümer und kann dann grundsätzlich über die Immobilie frei verfügen.

Bei gemeinsamem Eigentum ist eine einvernehmliche Regelung die beste Lösung. Die Ehegatten können sich beispielsweise darauf einigen, dass einer dem anderen seinen Anteil abkauft, das Haus verkauft wird oder man sich auf eine gemeinsame Vermietung einigt. Alle diese Optionen setzen jedoch die Zustimmung beider Parteien voraus. Insbesondere beim Verkauf ist es empfehlenswert, sich von einem erfahrenen Immobilienmakler unterstützen zu lassen.Kommt keine Einigung zustande, bleibt als letzter Ausweg die Teilungsversteigerung. Dabei handelt es sich um ein gerichtliches Verfahren, bei dem Scheidungsimmobilien durch das Amtsgericht öffentlich versteigert werden. Das Problem: Solche Zwangsversteigerungen führen oft zu Verkaufspreisen, die deutlich unter dem Marktwert liegen. Daher sollte diese Option nur dann in Betracht gezogen werden, wenn alle anderen Möglichkeiten gescheitert sind.

Vorsorgen lohnt sich – auch beim Immobilienkauf

Wer beim Immobilienkauf an die Möglichkeit einer späteren Trennung denkt, wirkt vielleicht wenig romantisch – handelt aber vorausschauend. Klare vertragliche Regelungen, zum Beispiel im Rahmen eines notariellen Ehevertrags, helfen dabei, spätere Auseinandersetzungen zu vermeiden. So kann beispielsweise festgelegt werden, was im Fall einer Trennung mit dem Haus passieren soll, wie die Kreditverpflichtungen geregelt sind oder wer im Haus wohnen bleiben darf.

Scheidungsimmobilien: Fazit

Die gemeinsame Immobilie kann im Trennungsfall schnell zum Zankapfel werden, vor allem dann, wenn keine klaren Absprachen getroffen wurden. Deshalb ist es ratsam, sich bereits beim Immobilienkauf rechtlich beraten zu lassen und im Idealfall vertraglich Vorsorge zu treffen. Sollte es dennoch zur Trennung oder Scheidung kommen, helfen ein kühler Kopf und fachkundige Begleitung dabei, tragfähige Lösungen zu finden – nicht nur für das Haus, sondern auch für die eigene Zukunft.